Das Radio genießt die ungebrochene Hörergunst. Das beliebte Nebenbei-Medium ist in Autos, Badezimmern, Küchen, auf Baustellen, in Büros oder in HiFi-Anlagen zu finden. Der weitverbreitete traditionelle UKW-Empfang bekommt Konkurrenz. Das gescheiterte Projekt DAB (Digital Audio Broadcasting) bekam das Nachfolgeprojekt DAB+ als Digitalradio. Nach fünfjährigem Betrieb ziehen die Betreiber erwartungsgemäß eine positive Bilanz. Doch Streaming-Dienste und Internetradios sitzen DAB+ im Nacken. Wird es einen Gewinner in diesem Wettlauf oder mehr Vielfalt geben? ΝITRO betrachtet die Zwischenbilanz und hat einige Praxistests gemacht.
Eine Studie des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.) gibt sich im Tenor eines Industrieverbandes optimistisch und berichtet, dass 22 Prozent der Deutschen ab 14 Jahre ein Digitalradio besitzen und die Radios in 21 Prozent aller Neufahrzeuge in Deutschland DAB+ empfangen. In der ARD ist der MDR inhaltlich für den neuen Digitalstandard verantwortlich. Brigitte Busch hat eigens zur Koordinierung des Marketings ihr Büro im Berliner Standort von Deutschlandradio bezogen hat. Sie betont: „DAB+ ist der Radiostandard der Zukunft. Die ARD wird DAB+ demnächst noch bekannter machen.“
Glaubt der Hörer den Werbetrailern, sind die Vorteile des Digitalradios grandios: Hören in CD-Qualität und ununterbrochener Empfang auf der Autofahrt von Flensburg bis München ohne Rauschen und Senderwechsel. Dennoch hat DAB+ ein Akzeptanzproblem, sowohl bei den deutschen Hörern als auch bei Anbietern von Heimelektronik und Automobilen. Es mag am Fehlstart des ersten DAB-Projektes liegen, an unterschiedlichen Interessenlagen der Programmanbieter oder am zaghaften Engagement der Regulierer zum Abschalten früherer Ausspielwege wie UKW. Im Land der Ingenieure und Erfinder, wo die Stereofonie, MP3 und ACC erfunden wurden, hapert es oft an marktfähigen Modellen. Der in Deutschland führende Netzbetreiber Media Broadcast wird aus der UKW-Technologie aussteigen und will damit offensichtlich das digital-terrestrische DAB+ forcieren. Ob er sein bestehendes UKW-Netz, dessen Nutzungsgebühren von der Bundesnetzagentur festgelegt werden, an einen anderen Investor veräußern kann, liegt in der Ungewissheit. Der Ausstieg soll für den 30. Juni 2018 festgelegt sein.
Vor allem private Radioanbieter halten an der 70 Jahre alten Technologie fest. Vielen wäre es recht, wenn die Hitradio- und Morgen-Shows weitere Jahrzehnte auf UKW ausgestrahlt würden.
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Bernd Lammel
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