Optimisten wähnten die Hamburger PHOTOPIA schon vor dem Stattfinden des ersten Imaging-Festivals als Photokina 2.0., doch schon nach vier Jahren kommt die Absage.
Eine wirtschaftliche Durchführung der PHOTOPIA sei in einem aktuell schwierigen Marktumfeld nicht möglich, verkündet die Hamburger Messe und Congress. Welches Marktumfeld gemeint ist, lässt die üblich vernebelnde Krisen-PR offen. Sollen die Hamburger, die nationale Messe-Szene oder die eventuell mangelnde finanzielle Ausstattung durch Veranstalter und Aussteller gemeint sein?
Waren die Erwartungen in die PHOTOPIA zu groß?
Das Hamburger Imaging-Festival Photopia war ein vielversprechendes Ereignis in der Welt der Bildbearbeitung und Fotografie, das leider gescheitert ist. Seine Ursachen sind vielschichtig. Eine Analyse dieses Scheiterns wirft ein Licht auf verschiedene Faktoren, die dazu beigetragen haben könnten. Sicher sind sie in einem komplexen Bedingungs-Gefüge zu finden. Der übergroße Standard, den die ebenfalls gescheiterte Weltmesse Photokina hinterließ, fütterte übertriebene Erwartungen an die junge PHOTOPIA. Ständig musste die spärlich ausgestattete Messe den Vergleich mit Köln aushalten.
Medienwandel, Corona-Schock, Social Media Herausforderungen und eine Fotoindustrie im globalen Umbruch hat den Markt durcheinandergewirbelt, aber nicht zerstört. Die Fotoindustrie ist in weiten Teilen durch diese Disruptionen als Gewinnerin aus der Scheinkrise hervorgegangen. Dem Einbruch traditioneller Geschäfte, wie der Spiegelreflex-Technik, stehen enorme Zuwächse bei neuen Technologien gegenüber.
In einer Marktkonsolidierung ist die Nachfrage nach hochwertiger hybrider Fototechnik mit dem Verschmelzen von Foto und Video enorm angestiegen. Zubehör und Beleuchtung erleben einen Super-Hype. Dieses Marktumfeld kann die die Hamburger Messe und Congress nicht gemeint haben.
Strukturelle Schwächen in der Photoindustrie hatten negativen EInfluss auf die PHOTOPIA
Der Photoindustrie-Verband (PIV) mit Sitz in Frankfurt am Main ist die zentrale Interessenvertretung für Unternehmen, die mit ihren Produkten und Services im Markt für Foto, Video, Imaging und Bildkommunikation tätig sind. Er sieht einerseits positiv in die Zukunft, ist Mitgestalter der PHOTOPIA, hat aber Problem sich selbst zu positionieren. Die Mitglieder des Photoindustrie-Verbands (PIV) haben auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 11. März 2024 in Frankfurt am Main die Auflösung und geordnete Abwicklung des Verbands zum 31. Dezember 2024 beschlossen. Eine Pressemitteilung stellt offen klar, dass der Der PIV aus eigener Kraft kein neues und zukunftsfähiges Verbandskonzept mehr aufsetzen konnte.
In Hamburg bekommt die Fotografie jetzt eine Spielecke auf der erstmalig stattfindenden “Content Creator World” im Rahmen der Polaris Convention. Der PIV ist auch hier „ideeller Träger“. Diese findet vom 11. bis 13. Oktober 2024 ebenfalls in den Messehallen statt. Dort dreht sich alles rund um die Themen Content, Kreativität und Social Media. Influencer first. Fotografie als Mittel zum Zweck.
War Hamburg der richtige Standort für die PHOTOPIA?
In einer Stadt wie Hamburg, die reich an kulturellen Veranstaltungen ist und einst wegen der Präsenz der größten Presseverlage bekannt war, musste sich ein Festival wie Photopia gegen eine Vielzahl von Konkurrenten behaupten, um erfolgreich zu sein. Durch den Weggang von Groß-Verlagen wie Axel-Springer, die Übernahme von Gruner und Jahr durch RTL und dem Verlust vieler Printtitel hat Hamburg schleichend den stolzen Titel „Hauptstadt der Fotografie“ verloren. Dieser Aderlass der Metropole wird ebenso zu einer geringeren Attraktivität der PHOTOPIA für potenzielle Aussteller und Gäste geführt haben.
Die Kommunikation und Interaktion mit potenziellen Teilnehmern und Stakeholdern könnte auch eine Rolle gespielt haben. Wenn das Festival nicht in der Lage war, eine starke überregionale Community aufzubauen oder die Bedürfnisse und Erwartungen seiner Zielgruppe angemessen zu berücksichtigen, könnte dies zu einem Mangel an Unterstützung und Engagement geführt haben.
Insgesamt ist das Scheitern des Hamburger Imaging-Festivals PHOTOPIA höchstwahrscheinlich das Ergebnis einer Kombination aus verschiedenen Faktoren, darunter mangelnde Planung und Organisation, Themenrelevanz, Kommunikation und externe Umstände. Eine gründliche Analyse dieser Aspekte könnte dazu beitragen, Lehren für zukünftige Veranstaltungen zu ziehen und deren Erfolgschancen zu verbessern.
Bernd Lammel
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