Als ich 2010 in Los Angeles einen Mietwagen übernahm, suchte ich am Autoradio vergebens den Tuning-Schalter, mit dem ich durch die UKW-Frequenzen gleiten wollte. Es war sehr angenehm, nicht mehr mit lautem Zischen zwischen den Stationen von 87,5 bis über 108 MHz zu drehen und stattdessen eine alphabetisch sortierte Senderliste vorzufinden. Ein Druck auf den Sender und auf dem mehrzeiligen Display des DAB+ -Gerätes wurden Interpreten, Songtitel und andere Informationen angezeigt. Der Empfang war stabil und ohne Störgeräusche begleiteten mich die Sender über Nevada bis nach Arizona. Sechs Jahre später fragte ich am Mietwagen-Terminal am Flughafen in München, ob das Auto auch ein DAB-Radio hätte? Der Mitarbeiter kannte die Empfangsart gar nicht. Schade eigentlich, weil der hohe Komfort dem in der Verbrauchergunst stabilen Medium Hörfunk noch mehr Zuspruch sichern könnte. Das alles ist zwar kein Grund zur Panik, denn laut Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks müssen Besitzer der „UKW-Dampfradios“ mit Mittelwellenumschalter erst 2028 mit der Abschaltung der Ultrakurzwell rechnen.
DAB+ verbreitet sich trotz Vorteilen zu langsam
Nur elf Prozent der Haushalte in Deutschland hören Digitalradio. Trotz rund einer Million verkaufter DAB+-Radios im letzten Jahr hinkt die Entwicklung internationalen Trends hinterher. Die angebotene Produktvielfalt ist groß und es gibt Digitalradios für alle Anwendungszwecke – das kleine für die Hosentasche, die HIFI-Komponente für die Stereoanlage und dazwischen interessante Lösungen, die auch den Empfang von Internet-Sendern über WLAN oder das Streamen der Musik vom Smartphone zulassen. Obwohl sich immer hochwertigere Kopfhörer zu Preisen durchsetzen, für die man sich gleich mehrere DAB+-Radios kaufen könnte, bevorzugen besonders junge Hörer Musik per Stream aus dem Smartphone.
Junge Hörer bevorzugen schlechtere Qualität aus Streaming-Diensten
Die Anbieter von DAB+-Harware und digital ausstrahlende Rundfunksender, können nur hoffen, dass sich bald herumspricht, um wieviel besser der Hörgenuss aus dem DAB+-Angebot ist als aus einem hochkomprimierten Streaming per Smartphone. Die Entwicklung des DAB+-Angebots haben die Landesmedienanstalten in Deutschland, die für die Zulassung und Aufsicht, den Aufbau und die Fortentwicklung des privaten Hörfunks und Fernsehens in Deutschland zuständig sind, von TNS Infratest untersuchen lassen. Lesen Sie den Bericht hier im Detail.
Bernd Lammel
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