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Das Urheberrecht – Tücken und Fallen, Rechte und Pflichten
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Medienpolitik

Das Urheberrecht – Tücken und Fallen, Rechte und Pflichten 

Schon gewusst? Wer lediglich etwas „knipst“, bekommt „nur“ 50 Jahre sogenannten Lichtbildschutz und nicht die üblichen 70 Jahre. Fotos von „gemeinfreien“ Gemälden erhalten gar keinen Urheberrechtsschutz. Der „Diebstahl“ von geistigem Eigentum ist verboten, und zur Freude der Nachkommen kann das Urheberrecht grundsätzlich vererbt werden. Wer es ganz genau wissen will – hier gibt es einen exzellenten Überblick von Rechtsanwalt Cord Heinichen.

Wer im Medienbereich tätig ist, sei es als Journalist – auch Fotojournalist –, sei es als Werbefotograf, hat neben seinem Idealismus in der Regel auch ein elementares wirtschaftliches Interesse am Schutz seiner Texte und Bilder als Ergebnis seiner Arbeit im Sinne einer persönlichen geistigen Schöpfung, da es sich hierbeium sein geistiges Eigentum handelt. So wie das Urheberrecht Schriftsteller, Wissenschaftler und bildende Künstler vor dem Diebstahl ihres geistigen Eigentums schützt, schützt es auch Medienschaffende als Schöpfer/innen der von ihnen geschaffenen Texte (Zeitungsartikel, Kritiken, Kommentare, Glossen, Kolumnen, Essays und so weiter) und Bilder (Fotoreportagen, Werbefotografien und so weiter) vor deren nicht genehmigter beziehungsweise lizenzierter Nutzung.

Schaffung des Urheberrechtsgesetzes im Jahr 1907

Weil der Gesetzgeber schon bei Schaffung des Urheberrechtsgesetzes im Jahr 1907 wusste, dass auch Kreative nicht allein von Luft und Liebe leben können, dient das Urheberrecht zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung der von ihnen geschaffenen Texte, Bilder oder sonstigen Werke. Die Gewährung einer angemessenen Vergütung kann der Urheber von seinem Vertragspartner übrigens auch dann verlangen, wenn er für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Nutzung seines Textes oder Bildes eine nicht angemessene Vergütung vertraglich vereinbart hatte. In seinem lesenswerten Beitrag „Tarifverträge für kreative Arbeitnehmer“, der 2010 in der Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht erschienen ist, weist Matthias von Fintel allerdings praxisnah darauf hin, dass das arbeitgeberseitige Risiko, einem solchen Verlangen ausgesetzt zu sein, „bei auf Lebenszeit alimentierten Beamten vernachlässigbar sein dürfte, bei lange Zeit unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern eher gering, bei kurzen befristeten Arbeitsverhältnissen aber eher hoch, zumal wenn das Arbeitsentgelt bescheiden ist“.

Bis 1945 waren 12,5 Millionen Exemplare vom „Mein Kampf“ erschienen

Urheberrechtlich schutzfähig sind auch sprachliche Machwerke wie etwa Hitlers „Mein Kampf“. Die Erstausgabe von „Mein Kampf“ war 1925 (Band 1) und 1926 (Band 2) im Franz Eher Nachf. Verlag in München erschienen. Bis 1945 waren über 12,5 Millionen Exemplare weltweit in 16 Sprachen verkauft worden. Nach dessen Selbstmord im Jahr 1945 hatten die alliierten Siegermächte die Ausübung von Hitlers Urheberrecht dem Freistaat Bayern übertragen, der es dazu nutzte, jegliche Neuauflage zu verhindern. Weil der Urheberrechtsschutz während der Lebenszeit des Urhebers und für weitere 70 Jahre ab dessen Todesjahr besteht, konnte das Münchner Institut für Zeitgeschichte seinen bereits 2009 unternommenen Versuch, im Eigenverlag eine mit wissenschaftlichen Kommentaren versehene Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“ zu veröffentlichen, erst Anfang Januar 2016 verwirklichen, nachdem das Buch mit Ablauf des 31. Dezember 2015 „gemeinfrei“ geworden war. Hierunter versteht man die Befugnis, ehemals urheberrechtlich geschützte Werke ohne Zustimmung des Urhebers nutzen zu können.

Urheberrechtsschutz für Texte oder Bilder

Ob etwa Museen aufgrund ihres Sacheigentums berechtigt sind, die Gemeinfreiheit ihrer Exponate durch ein Fotografierverbot zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil auszuhebeln, ist umstritten. Eine hiervon zu unterscheidende Frage ist die, ob Abbildungen von gemeinfreien Werken ihrerseits den für diese selbst längst abgelaufenen urheberrechtlichen Schutz erlangen können. Für zweidimensionale Motive wie Gemälde wird dies verneint, für dreidimensionale wie Statuen bejaht.

Auch wenn Maschinen künstliche Intelligenz eingehaucht werden kann, können nur Menschen Inhaber des Urheberrechts sein, da nur sie zu einer persönlichen geistigen Schöpfung befähigt sind. Zugleich ist das Urheberrecht als solches nur im Erbfall übertragbar, in der Regel durch Vererbung. Medienschaffende genießen den Urheberrechtsschutz für ihre Texte oder Bilder daher unabhängig davon, ob sie diese in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus einem Arbeitsverhältnis geschaffen haben, zum Beispiel als Arbeitnehmer eines Zeitungsverlags oder Fernsehsenders, oder als Selbstständige, zum Beispiel als Werbefotografen aufgrund eines Auftragsverhältnisses beziehungsweise Werkvertrags. Dementsprechend erwirbt ein Unternehmen entgegen einer nicht seltenen Fehlvorstellung auch nicht etwa das Urheberrecht an den von seinen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen geschaffenen Texten oder Bildern, sondern – eine entsprechende arbeitsvertragliche, tarifvertragliche oder sonstige ausdrückliche oder stillschweigende vertragliche Regelung vorausgesetzt – lediglich das Recht zu deren Nutzung im Rahmen der im jeweiligen Einzelfall zum Nutzungsumfang, zur Nutzungsdauer und zur Ausschließlichkeit der Nutzung getroffenen Vereinbarung.

Duldung der Ausübung des Veröffentlichungsrechts

Die Entscheidung darüber, ob, wann und wie ein Text oder Bild veröffentlicht wird, steht grundsätzlich seinem Urheber zu, auch wenn dieser angestellt ist. Überlässt der Urheber die Verwertung seines Textes oder Bildes einem Dritten, zum Beispiel einem Zeitungsverlag, ohne sich die endgültige Entscheidung über das Ob, Wann und Wie der Veröffentlichung vorbehalten zu haben, besteht allerdings eine tatsächliche Vermutung für die stillschweigende Duldung der Ausübung des Veröffentlichungsrechts durch den Verwerter, da die Veröffentlichung regelmäßig auch vom Autor des Textes oder Fotografen des Bildes erwünscht ist und eine wirtschaftliche Auswertung des eingeräumten Nutzungsrechts sonst kaum möglich wäre. Daher kann der Urheber die Veröffentlichung in einem solchen Fall weder verhindern noch den Zeitpunkt oder die Art und Weise der Veröffentlichung bestimmen, nachdem er seinen Text oder sein Bild an den Verwerter abgeliefert hat. Droht eine rechtswidrige Veröffentlichung seines Textes oder Bildes, kann der Urheber sich dagegen nur durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung wehren; ist die Veröffentlichung erfolgt, stehen ihm nur noch Schadensersatzansprüche zu.

Veröffentlichung unter bürgerlichem Namen, Pseudonym oder Künstlerzeichen

Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Text oder Bild. Er kann daher gegen jeden Klage erheben, der seine Urheberschaft bestreitet oder sich selbst die Urheberschaft anmaßt. Er kann bestimmen, ob sein Text oder Bild mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist. Ihm steht daher vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Regelung bei der Einräumung von Nutzungsrechten die alleinige Entscheidung darüber zu, ob die Veröffentlichung unter seinem bürgerlichen Namen, einem Pseudonym oder Künstlerzeichen oder auch ganz ohne Hinweis auf ihn als Urheber erfolgt. Dies gilt grundsätzlich auch für Texte oder Bilder angestellter Medienschaffender, die das Nutzungsrecht ihrem Arbeitgeber übertragen haben. Wird keine abweichende vertragliche Regelung getroffen, muss der Nutzer bei Texten oder Bildern stets die Urheberbezeichnung anbringen. Wer sich durch Beauftragung eines sogenannten Ghostwriters mit fremden Federn schmücken will, ist daher gut beraten, wenn er durch Abschluss einer Ghostwriter-Vereinbarung sicherstellt, dass nur er und nicht der Ghostwriter als Autor erscheinen kann.

Ist diese geeignet, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Text oder Bild zu gefährden, muss sich der Urheber eine Entstellung oder anderweitige Beeinträchtigung seines Textes oder Bildes durch Eingriff in deren Substanz nicht gefallen lassen. Solche Eingriffe können bei Texten etwa in der Sinnentstellung oder Änderung des Aussagegehalts durch Streichungen oder Zusätze bestehen oder bei Bildern in der Verzerrung oder Verfälschung ihres ästhetischen Aussagegehalts. Keine Entstellung oder anderweitige Beeinträchtigung eines Textes oder Bildes stellt allerdings ein selbstständiges Werk im Sinne einer eigenständigen geistigen Schöpfung dar, das in freier Benutzung eines solchen Textes oder Bildes geschaffen wird. Ob das der Fall ist, muss im Wege des Vergleichs durch Feststellung der Gemeinsamkeiten des jüngeren Textes oder Bildes mit dem älteren herausgearbeitet werden. Sind die Gemeinsamkeiten für den jüngeren Text oder das jüngere Bild prägend, fehlt diesem die erforderliche Selbstständigkeit und stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.

Abdruck eines Original-Textes oder Original-Bildes

Weil das Urheberrecht insbesondere auch darauf abzielt, den Urheber in angemessenem Umfang an den wirtschaftlichen Früchten zu beteiligen, die andere aus der Nutzung seines Textes oder Bildes ziehen, räumt das Urheberrechtsgesetz dem Urheber das ausschließliche Recht zur Verwertung seiner Texte oder Bilder in körperlicher Form – durch Vervielfältigung, Verbreitung und Ausstellung – und zur öffentlichen Wiedergabe in unkörperlicher Form ein. Der Urheber kann seinen Text oder sein Bild verwerten, indem er Dritten vertraglich Nutzungsrechte einräumt, und er kann unberechtigten Nutzern die Benutzung verbieten. Weil die Verwertungsrechte dem Urheber vorbehalten sind, werden beispielsweise einem Zeitungsverlag als Verwerter eines Textes oder Bildes keine Verwertungsrechte übertragen, sondern lediglich Nutzungsrechte für bestimmte Nutzungsarten eingeräumt wie zum Beispiel die Befugnis zum Abdruck eines Original-Textes oder Original-Bildes in einer Tageszeitung, um sie den Zeitungslesern zugänglich zu machen. Dies setzt naturgemäß voraus, dass der Urheber dem Zeitungsverlag die Vervielfältigung und Verbreitung des Original-Textes oder des Original-Bildes gestattet.

Erben haben grundsätzlich die gleichen Rechte wie der Urheber

Im Unterschied zum Sacheigentum ist das vom Urheberrecht geschützte geistige Eigentum dadurch zeitlich begrenzt, dass es 70 Jahre nach dem Todesjahr des Urhebers endet. Durch diese 70 Jahre wollte der Gesetzgeber – des Jahres 1907 – sicherstellen, dass auch noch die Enkel des Urhebers im Sinne einer Alimentation an den wirtschaftlichen Früchten beteiligt werden, die andere aus der Verwertung des Textes oder Bildes ihres Großvaters oder ihrer Großmutter ziehen würden. Aus diesem Grund ist das Urheberrecht auch vererblich. Im Erbfall hat der Erbe oder haben die Erben grundsätzlich die gleichen Rechte wie der Urheber selbst.

Dies gilt auch für Fotoarchive – sofern die in ihnen archivierten Bilder nicht lediglich als Amateuraufnahmen oder sogenannte Knipsbilder einzustufen sind, für die ein nur 50-jähriger Lichtbildschutz besteht, beginnend mit dem ersten Erscheinen beziehungsweise der ersten öffentlichen Wiedergabe des Lichtbilds – auch wenn der Fotograf sein Fotoarchiv zur besseren Vermarktung an eine Bildagentur übergeben hat. Bildagenturen werden bei der Vermarktung „im eigenen Namen“ – der Bildagentur – „für fremde Rechnung“ – des Fotografen – tätig. Dies setzt voraus, dass der Fotograf der Bildagentur das ausschließliche Nutzungsrecht einräumt, damit sie die Bilder Dritten gegen Bezahlung zu einer bestimmten Nutzung überlassen kann. In der Regel teilen sich der Fotograf und die Bildagentur das dadurch erlöste Honorar. Veräußert der Fotograf Bilder aus seinem Bestand, wird der Erwerber lediglich Sacheigentümer, nicht aber Inhaber des durch das Urheberrecht geschützten geistigen Eigentums des Urhebers. Auch in diesem Fall kann der Erwerber „sein“ Bild daher nur in dem Umfang verwerten, in dem er sich beim Erwerb des Bildes vom Fotografen zugleich die Nutzungsbefugnis übertragen lassen hat.

Vergütung beziehungsweise Lizenzgebühr für eine einmalige Nutzung

Gegen Verletzungen ihres Urheberrechts, zum Beispiel durch unbefugte Nutzung von Texten oder Bildern, also Diebstahl geistigen Eigentums, können Medienschaffende sich außergerichtlich und gerichtlich zur Wehr setzen: Sie können vom unbefugten Nutzer zunächst die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz – etwa in Höhe in der angemessenen Vergütung beziehungsweise Lizenzgebühr für eine einmalige befugte Nutzung – sowie die Erstattung der Abmahnkosten verlangen. Weigert sich der unbefugte Nutzer, kann der Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen ihn beantragt werden. Des Weiteren kann er auf Schadensersatz verklagt werden.

Wer als kreativer Medienschaffender die über 100 Jahre alte Idee des Gesetzgebers ernst nimmt, den Schöpfer urheberrechtlich geschützten geistigen Eigentums sowie auch noch dessen Kinder und Kindeskinder durch Beteiligung am Verwertungserlös zu alimentieren, sollte sein geistiges Eigentum nach alledem nicht weniger wertschätzen als zum Beispiel seine Wohnung oder sein Auto, und deshalb sorgsam darauf achten, dass es ihm nicht durch unbefugte Nutzung von Dritten „gestohlen“ wird.

 

Autorenkasten:

Cord Henrich Heinichen, Jahrgang 1959, studierte Jura in Regensburg, Berlin und Göttingen. Nach einer Tätigkeit als Verwaltungsrichter machte er einen MBA in Finanzdienstleistungen an der University of Wales. Nach langjähriger Tätigkeit als Partner einer Großkanzlei praktiziert er inzwischen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in eigener Anwaltssozietät Heinichen Laudien in Berlin.

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