Als Wladimir Putin im Februar 2022 die Ukraine überfällt, ist die Welt schockiert. Doch der Krieg kam nicht plötzlich – er war von westlichen Geheimdiensten präzise vorhergesagt. In ihrem neuen Buch zeichnen Katja Gloger und Georg Mascolo ein schonungsloses Bild jahrzehntelanger Fehleinschätzungen: Sie zeigen, wie politische Verantwortungsträger Warnungen ignorierten und unbequeme Stimmen in der deutschen Russlandpolitik ausblendeten.
Auf Grundlage geheimer Dokumente und zahlreicher Gespräche mit Zeitzeugen rekonstruieren die Investigativjournalisten ein Stück jüngster Geschichte – von der umjubelten Putin-Rede im Bundestag über geheime Kanäle in den Kreml bis hin zu einem Dossier des Auswärtigen Amts, in dem bereits 2007 vor einem Konflikt um die Krim gewarnt wurde – und das doch in der Versenkung verschwand.
Im Doppelinterview mit NITRO erklären Katja Gloger und Georg Mascolo, wie es zu diesen politischen Blindstellen kam, was sie bei ihrer Recherche am meisten überraschte – und was Deutschland aus den Fehlern im Umgang mit Russland lernen kann und muss.
? Herr Mascolo, Frau Gloger, Sie haben gemeinsam das Buch „Das Versagen“ geschrieben. Wann entstand die Idee, dieses Buch zu schreiben, und warum jetzt?
! Katja Gloger: Es ist nicht der Normalfall, dass Ehepaare den gleichen Beruf ausüben und sich dann auch noch zu dem Abenteuer verabreden, zusammen Bücher zu schreiben. Die erste Erfahrung hatten wir bereits bei der gemeinsamen Arbeit am Buch „Ausbruch: Innenansichten einer Pandemie – Die Corona-Protokolle“. Mit „Das Versagen“ sind wir in gewisser Weise auch an unserem Lebensthema. Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit Russland – und dann kam der 24. Februar 2022.
Georg Mascolo: Für mich waren zwei Punkte ausschlaggebend. Unser Berufsleben ist mit dem Ende des Kalten Krieges auf eine besondere Art und Weise verbunden: Katja erlebte das Ende der Sowjetunion in Moskau. Ich hatte das Glück und Privileg, in der Zeit der friedlichen Revolution in der DDR als Korrespondent für Spiegel TV zu arbeiten. Wir erinnern uns also an diese Glücksmomente. Dann kam der 24. Februar 2022, und wir stellten uns die Frage: Was ist da so gründlich schiefgegangen? Und warum? Wir versuchten, jenseits der ersten Erklärungen ein bisschen mehr Tiefe in dieses Thema zu bekommen, auch über den politischen Spin hinaus, denn wir wussten ja über die ersten Erklärungen hinaus sehr wenig. Gesetzliche Sperrfristen erschwerten auch den Zugang zu Unterlagen. Mit Katjas tiefem Verständnis für Russland und meiner besonderen Arbeitsweise entstand die Idee: Wenn wir beides kombinieren, könnte daraus ein Buch werden.
Wer kontrolliert die Mächtigen, wenn Medien schwächeln?
? Wie lange haben Sie gemeinsam daran gearbeitet?
! Georg Mascolo: Das lief mit Unterbrechungen. Am Anfang war da wohl eher dieser Moment, den ich professionelle Beunruhigung nennen würde.
? Was genau heißt das?
! Georg Mascolo: Es ist der Moment, wenn das Interesse auf eine besondere Art und Weise wächst: Man beginnt, zu sprechen und zu sammeln, ohne dass sich zu diesem Zeitpunkt bereits die strukturierte Idee eines Buches entwickelt. Diesen Moment kann ich hier ziemlich genau festmachen: Es war Putins Aufsatz im Juli 2021.
Katja sagte: „Da passiert etwas, was über das Maß dessen, was wir mit Putins Politik in der Vergangenheit gesehen haben, hinausreicht.“ Dann begannen wir zu recherchieren, ohne zu wissen, dass daraus ein Buch werden würde. Mit der richtig strukturierten Arbeit starteten wir relativ schnell nach dem 24. Februar 2022. Wir nahmen Kontakt zu Ministerien auf, beantragten Schutzfristverkürzungen und arbeiteten ab diesem Zeitpunkt dann mit Unterbrechungen an diesem Projekt.
Katja Gloger: Weitere Recherchen und Gespräche, Überprüfen und Redigatur und das Schreiben selbst dauerten alles in allem ein Jahr.
Zwischen Aufklärungspflicht und Vertrauensverlust
? „Das Versagen“ beschreibt, dass deutsche Politiker Warnungen vor Putins Angriff auf die Ukraine über Jahre ignorierten. Spätestens nach der Besetzung der Krim konnten die offensichtlichen Warnungen eigentlich nicht mehr übersehen werden. War die deutsche Russlandpolitik ignorant oder einfach naiv?
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! Georg Mascolo: Häufig ist es einfacher, zu beschreiben, was geschehen ist, als endgültige Erklärungen dafür zu finden, warum es zu keinen alternativen Schlussfolgerungen gekommen ist. Viele hofften doch anfangs auf den „anderen“ Putin, einen Reformer, vielleicht etwas autoritär, aber ein dem Westen zugewandter Modernisierer. Diesen Putin mit Bezug zu einer Demokratisierung seines Landes, zu Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit gab es in Wahrheit nie. Die Ende der Neunzigerjahre ohnehin schon geringe Hoffnung auf ein demokratisches Russland war mit der Berufung des früheren KGB-Offiziers Wladimir Putin in das Präsidentenamt durch Boris Jelzin eigentlich gestorben. Man kann verschiedene Bruchpunkte identifizieren, aber ganz sicher ist das Jahr 2014 und die Annexion der Krim ein entscheidender.
Vor allem in den Jahren danach hätte man das beträchtliche politische und auch ökonomische Potenzial unseres Landes einsetzen können, um vielleicht selbst ein paar rote Linien gegen Putins Aggressionen zu markieren. Weniger Abhängigkeit vom russischen Gas etwa, kein Verkauf der wichtigen Gasspeicher an Gazprom. Heute ist es interessant, den Verantwortlichen zuzuhören, denn sie tun sich oft schwer, dies zu erklären.
Katja Gloger: Im Nachhinein ist man in der Regel immer klüger – und auch gerne klüger. Wir versuchen, in unserem Buch genau das zu vermeiden, stattdessen Wendemarken aus den vergangenen 25 Jahren zu identifizieren und die Entscheidungen deutscher Politik in den jeweiligen Situationen und Entwicklungen möglichst fair zu beschreiben. Ebenso die Dilemmata, in denen politisch Handelnde sich befanden, weil sie einen Interessenausgleich auf internationaler oder nationaler Ebene brauchten, all die zum Teil auch fatalen Kompromisse, so etwa beim NATO-Gipfel in Bukarest 2008. Und auch: Wie geht man mit den Interessen der deutschen Wirtschaft um? Wenn wir die vergangenen 25 Jahre zusammenzufassen, so lange ist Putin an der Macht, war die deutsche Russlandpolitik auch von Wunschdenken geprägt – viele haben sich Wladimir Putin wohl schöner geredet, als es jemals hätte sein dürfen, und zwar von Anfang an. Stichwort Stabilität, Stichwort gute Geschäfte – Wunschdenken. Und dazu diese Langmut mit einem Mann auf dem Weg in die Diktatur.
Es gehörte lange, zu lange, zum Selbstverständnis deutscher Politik, Russland gut zu verstehen, wenn nicht sogar am besten. Und zwar aufgrund unserer jahrhundertealten Verknüpfung, unserer besonderen Verantwortung auch, die sich aus den Verbrechen der Deutschen, dem Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion ergeben. Darin liegt sicher ein Teil des Problems: Die deutsche Politik bezog sich vor allem auf Moskau und Russland und eben nicht auf dieses weite Land im Osten Europas, die Ukraine.
Georg Mascolo: Und viele andere ostmitteleuropäische Länder, unsere Nachbarn. Das Selbstverständnis, der vermeintlich beste „Russlandversteher“ zu sein, liegt auch in der Tradition der Ostpolitik, in der sich vor allem Sozialdemokraten gesehen haben. Es ist nichts falsch daran, durch Dialog und Kompromisse zu einem guten Miteinander zu kommen. Das Problem war nur, dass Wladimir Putin an Kompromissen nach unseren Vorstellungen kein Interesse hatte.
Putin, die Warnsignale – und das Wegsehen
? Putin ist bis heute nicht an Kompromissen interessiert. Deshalb ist es erstaunlich, dass nach dem Überfall auf die Ukraine die Sozialdemokratie, die immer sehr freundlich gegenüber Putin war, nur wenig Einsicht hatte, Fehler in der Russlandpolitik einzuräumen. Und selbst beim Bundespräsidenten gab es wenig Einsicht.
! Georg Mascolo: Der Bundespräsident und Außenminister in zwei Großen Koalitionen sprach 2022 auch von Fehlern. Im Gegensatz zu Gerhard Schröder und Angela Merkel, die in ihrer Russlandpolitik keinerlei Fehler erkennen können, zumindest nicht öffentlich.
Unser Titel „Das Versagen“ bezieht sich vor allem auf die Zeit nach 2014. Da wurde es gleich dreifach unerklärlich. Die Energieabhängigkeit von Russland wuchs, die Bundeswehr wurde vernachlässigt, und es wurden keine Konsequenzen aus dem hybriden Krieg gezogen, den Putin spätestens 2015 mit dem Cyberangriff auf den Deutschen Bundestag auch gegen Deutschland begann.
Wie Illusionen die deutsche Russlandpolitik prägten
? Sie bekamen für Ihr Buch Zugang zu Geheimdokumenten und haben Zeitzeugen befragt. Gab es Informationen, die Sie besonders überrascht oder schockiert haben?
! Georg Mascolo: Es ist immer wieder interessant und bemerkenswert, was man während einer solchen Recherche finden kann. Für mich waren die Notizblöcke des leider vor kurzem verstorbenen früheren Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Klaus Scharioth, spannend. Bereits im Januar 2000 hatte er als einer der ersten Wladimir Putin in Moskau besucht. Auf dem Rückflug notierte er: „Hochintelligent, hart, skrupellos. Kalter, entschlossener Operateur.“ Und er schrieb: Mit so einem wolle man nicht befreundet sein.
Es war hellsichtig, wie man im Planungsstab des Auswärtigen Amts nach der Rede Wladimir Putins in München 2007 die Lage analysierte und Szenarien aufschrieb. Ein Szenario, das damals unglücklicherweise als wenig wahrscheinlich beurteilt wurde, kommt der heutigen Situation gespenstisch nahe. Es war interessant, zu lesen und auch in zahlreichen Gesprächen zu erfahren, welch kluge Gedanken und Positionen vertreten wurden, übrigens auch von den Geheimdiensten in diesem Land. Und man sucht nach einer Erklärung, warum so wenig davon in die russlandpolitische Strategie eingeflossen ist.
Katja Gloger: Recherchen sind immer eine Expedition, und das Wunderbare an unserem Beruf ist, dass man in diesen Expeditionen „Tiefenbohrungen“ unternehmen kann. Manchmal sind es Zufälle, dass sich bestimmte Dokumente öffnen, manchmal geht man über Wochen gezielt Dingen nach. Ich beschäftige mich beruflich mit dem großen Thema Sowjetunion, Russland und Putin seit vielen Jahren, aber auch für mich gab es immer wieder Überraschungen.
? Haben Sie ein Beispiel?
! Katja Gloger: Überrascht haben mich die Hintergründe zu Putins historischer Rede im Bundestag 2001 oder auch die Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Russland nach dem Bukarest-Gipfel 2008 und dem Georgien-Krieg kurz darauf. Es musste klar sein, wie zittrig das Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine war. Schon damals hatte Putin davon gesprochen, die Ukraine sei ja eigentlich kein eigenständiges Land. Dass Deutschland vor diesem Hintergrund eine Rüstungskooperation mit Russland einging, ist beispiellos.
Georg Mascolo: Wir erlebten auch interessante Momente, in denen wir darauf zurückgeschaut haben, wie wir selbst Dinge betrachtet haben. Ich kann mich daran erinnern, dass ich 2018 eine heftige Diskussion mit Katja hatte. Sie schrieb damals einen Artikel im Stern, in dem sie die Pipeline Nord Stream 2 als Putins geopolitische Waffe beschrieb. Ich hatte eine andere Position. Bei den Recherchen zum Buch konnte ich noch einmal gedanklich zurückreisen und mich fragen: Wieso habe ich das nicht in größerer Klarheit gesehen, obwohl es nicht schwer zu erkennen war?
In der Rückschau kann man immer schnell zu dem Schluss kommen: „Das musste man doch sehen, das war doch alles klar.“ Aber wenn wir zurückschauen, wie die journalistische Berichterstattung aussah, bewegte sie sich häufig entlang der Wellen und Sinuskurven der politischen Diskussion. Als eigenständiger Taktgeber, als Nachdenkhilfe funktionierte sie häufig nicht. Wobei ich bei der Russland-Berichterstattung einschränkend sagen würde: Das gilt nicht für die großartige Arbeit der Moskauer Korrespondentinnen und Korrespondenten. Dort existierte dieses journalistische Gegengewicht die ganze Zeit. Man hätte es nur intensiver, nachhaltiger zur Kenntnis nehmen müssen.
Wir brauchen Journalismus, der einordnet
? Haben die Medien in Deutschland das Thema Russland unter Putin nicht rechtzeitig thematisiert? Hätte die Berichterstattung spätestens nach 2014, nach der Annexion der Krim, kritischer sein müssen? Gab es in den deutschen Qualitätsmedien ausreichend Gespür für das Thema Russland?
! Georg Mascolo: Es ist gut und wichtig, dass wir inzwischen nach jedem großen Wendepunkt, nach jeder Erschütterung auch durchaus selbstkritisch zurückschauen: Wie sah mediale Berichterstattung aus? Dazu gehören auch die großen Themen Migration und Corona. In der Diskussion um Russland und Russlandpolitik aber gab es wohl vor allem nach 2014 zu viele sogenannte „Russlandversteher“, die Putins aggressive Politik verharmlosten. Man hörte häufiger den Satz: „Die Krim war doch irgendwie schon immer russisch.“
? Da werden Narrative bedient.
! Georg Mascolo: Absolut. Aber da gibt es auch so viele kluge und großartige Bücher und auch tiefgründige Berichterstattung über Russland und den russischen Präsidenten. Zu den journalistischen Defiziten gehört allerdings unsere Vernachlässigung einer konsistenten Berichterstattung aus der und über die Ukraine. Ein gutes Beispiel ist mein früheres eigenes Blatt, der Spiegel, für den ich fast 25 Jahre gearbeitet habe. Da gab es in den Neunzigerjahren eine Ukraine-Korrespondentin – aber deren Büro in Kyjiw wurde relativ schnell wieder geschlossen und auch in meiner Zeit als Chefredakteur nicht wieder eröffnet. Es hieß: Die Ukraine kann man auch aus Moskau oder Warschau journalistisch betrachten. Das ist meine Verantwortung. Diese moskauzentrierte Sicht hat sich erst mit dem 24. Februar 2022 geändert. Es ist furchtbar, dass es eines Krieges bedurfte, damit dieses große, wichtige Land mit seiner komplizierten Geschichte die mediale Aufmerksamkeit erhielt, die es schon lange verdient hatte – und hoffentlich dauerhaft erhält.
Katja Gloger: Vor allem nach 2014 war die mediale Debatte in Teilen durchaus erbittert. Da konnten wir von Politikern, aber auch von namhaften Journalistinnen und Journalisten offene Briefe lesen, einer davon wurde auch in der Zeit veröffentlicht, in dem es hieß: „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen.“ Da wurde an die Bundesregierung appelliert, ihrer Verantwortung für den Frieden gerecht zu werden. Das war schon bemerkenswert.
Für viele lag wie eine Art Garant für den „besseren“ Putin lange auch Altkanzler Schröder über der Debatte, der in seiner Argumentation grundsätzlich ja gar nicht so Unrecht hatte, wenn er sagte: Wir brauchen einen Ausgleich, wir brauchen Freundschaft, wir brauchen gute Wirtschaftsbeziehungen, denn die schaffen Stabilität. Und Stabilität schafft Sicherheit, und Sicherheit festigt den Frieden.
Nord Stream: Pipeline der Interessen der Fehleinschätzungen
? Altkanzler Schröder hatte aber auch handfeste finanzielle Interessen.
! Katja Gloger: Nach dem Ende seiner Amtszeit, ja. Putin aber hatte ganz andere Ziele und ließ daran keinerlei Zweifel aufkommen. Auch unsere Gesellschaft wollte von dieser Schröder-Sicht auf Putins Russland lange Zeit nicht Abstand nehmen oder sich damit auseinandersetzen. Denn das hätte Konsequenzen bedeutet zum Beispiel für die Bundeswehr und das Zwei-Prozent-Ziel der Verteidigungsausgaben, um das wir lange einen Bogen machten. Der Osten der Ukraine, dieser De-facto-Krieg im Donbass, das war dann doch vergleichsweise weit weg.
Georg Mascolo: In den Regierungsakten, die wir eingesehen haben, findet sich häufiger die die Beschwerde über die vermeintlich ungerechte mediale Berichterstattung über Russland. Gerhard Schröder beklagte schon beim Baustart von Nord Stream 1, dass die Medien so kritisch seien. Und Wladimir Putin kritisierte praktisch bei jeder Gelegenheit die angeblich russophobe Berichterstattung und Stimmungsmache in Deutschland.
? Auch wenn das in Russland anders ist: Die Aufgabe der vierten Gewalt ist es, Regierungshandeln kritisch zu begleiten. Gerhard Schröder hat in seinem Engagement für russische Gaskonzerne sehr gut verdient und deshalb unkritische Positionen zu Russland eingenommen. War er vielleicht sogar davon überzeugt, das Richtige zu tun?
! Georg Mascolo: Es ist das Wesen von Lobbyismus, eine Position einzunehmen, weil man dafür entsprechend gut bezahlt wird. Ich glaube, bei Gerhard Schröder hat man es mit der seltenen Kombination zu tun, dass er gut bezahlt wird, aber zugleich daran glaubt, alles richtig zu machen.
Katja Gloger: Nord Stream 1 und 2 sollten Russland und Deutschland auch politisch verbinden, aber es wird schnell vergessen, dass Nachbarländer mit ganz eigener Geschichte auch in Bezug auf Russland dazwischen liegen, von der Ukraine ganz abgesehen. Es ist für mich schwer, Verständnis dafür zu entwickeln, warum nach 2014 Nord Stream 2 noch auf den Weg gebracht wurde. Es war zwar ein privatwirtschaftliches Projekt, aber ohne politische Unterstützung und Begleitung hätte es niemals umgesetzt werden können. Und parallel erfolgte auch noch der endgültige Verkauf des größten deutschen Gasspeichers an Gazprom. Das passierte zeitgleich im September 2015. Die Krim ist annektiert, das Passagierflugzeig MH17 abgeschossen, die Toten fielen vom Himmel, im wahrsten Sinn des Wortes. Im Osten der Ukraine herrscht bereits Krieg, und dennoch verabschiedet Deutschland dieses Pipeline-Projekt, von dem alle wissen, dass es die Energieabhängigkeit von Russland weiter und weiter und weiter vergrößert. Auch die Bundesregierung übte politischen Druck aus, um die Pipeline zu realisieren.
Bettina Schellong-Lammel
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