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UTOPIE Verkehrswende
Aleksandar Jovanovic spielt in Collide
Foto © Bernd Lammel - Aleksandar Jovanovic
Film

Aleksandar Jovanovic spielt in Collide 

Aleksandar Jovanovic ist als deutscher Schauspieler in der US-amerikanischen Produktion COLLIDE mit von der Partie. NITRO sprach mit ihm darüber, wie er zu dieser Filmrolle kam, und über die Zusammenarbeit mit Anthony Hopkins und Ben Kingsley am Set.

Der amerikanische Rucksacktourist Casey (Nicholas Hoult) erfährt während eines Trips durch die deutschen Alpen, dass seine Freundin Juliette (Felicity Jones) eine große Geldsumme für eine lebensnotwendige Operation braucht. Praktisch, dass er zufällig auf den schrägen Dealer Geran (Ben Kingsley) trifft, der ihm einen lukrativen Job verspricht. Infolgedessen gerät er zwischen die Fronten eines Schmugglerkrieges, den Geran mit dem schwerreichen Geschäftsmann und Drogenboss Hagen Kahl (Anthony Hopkins) austrägt. Schon bald befindet sich Casey, mit fünf Millionen Euro im Kofferraum, im Zentrum einer atemberaubenden Hetzjagd über die Autobahnen Deutschlands. Immer wieder gelingt es ihm zu entkommen, bis Kahl herausfindet, womit er Casey definitiv zur Umkehr zwingen kann. Ein explosiver Countdown beginnt …

Der Film hat aber ein Happy End

NITRO: Gerade kam „Collide“ ins Kino, in dem Sie neben Ben Kingsley und Anthony Hopkins vor der Kamera stehen. Können Sie den Filmstoff in einem Satz auf den Punkt bringen?

Aleksandar Jovanovic: Eine atemberaubende Hetzjagd, die mit ein bisschen Pech direkt in die Hölle führen kann. Der Film hat aber ein Happy End.

NITRO: Aaah, ein Happy End!

Aleksandar Jovanovic: Ja, und darüber bin ich sehr froh, denn die Geschichte von „Collide“ erinnert mich ein wenig an „True Romance“, ein Roadmovie von Tony Scott, mit Christian Slater und Patricia Arquette in den Hauptrollen. Sie spielen im Film ein frisch vermähltes Paar, das von der Polizei gejagt wird. Der Film kam 1993 in die Kinos.*

NITRO: In beiden Filmen sind neben Frischverliebten aber auch jede Menge Schurken unterwegs. In „Collide“ übernehmen diesen Part Anthony Hopkins und Ben Kingsley. Wie war es für Sie, auf diese Titanen zu treffen?

Aleksandar Jovanovic: Beeindruckend. Wir waren eine Woche vor Beginn der Dreharbeiten zu einem Warm-up in Köln eingeladen, und natürlich fragten wir uns, wer von den etwa 30, 40 Leuten, die sich da versammelten, wohl als Letzter zu dieser Tafelrunde käme. Es war der Produzent Joel Silver, ich hatte auf Hopkins oder Kingsley getippt, aber die beiden sind Gentlemen – im wahrsten Sinne des Wortes. Das zeigte sich schon beim Abendessen und bei der Leseprobe am nächsten Tag.

NITRO: Leseprobe? Was liest man da? Die eigene Rolle laut?

Aleksandar Jovanovic: Genau. Es gibt immer einen in der Runde, der die Action-Texte liest, die beschreiben, in welcher Szene man sich gerade befindet, und die Schauspieler lesen ihren Text.

NITRO: Kommt es dabei nur auf den Inhalt an, oder geht es auch schon um die Darbietung?

Aleksandar Jovanovic: Sagen wir mal so: Man deutet die Haltung an.

Der beeindruckende Anthony Hopkins

NITRO: Und wer war der beste Vorleser?

Aleksandar Jovanovic: Wir waren alle sehr gespannt auf Anthony Hopkins, der mitten im Film so einen ellenlangen Monolog sprechen muss – im Drehbuch sind das mehrere Seiten. Und dann verblüffte er uns alle, denn er schob sein Manuskript von sich weg, lehnte sich zurück und fing an, seinen Text auswendig zu sprechen.

NITRO: Wow!

Aleksandar Jovanovic: Ja, tatsächlich: Wow! Hopkins hat das mit so einer Ruhe und Gelassenheit vorgetragen – das war sehr beeindruckend. Wundervoll war auch, wie sich Hopkins und Kingsley bei ihrem Spiel anschauten. Es ist der erste Film, in dem beide zusammen mitspielen, gegeneinander spielen und es gibt zwei Szenen, einmal in einer Bar, einmal in einem Hotel, wo sie sich gegenübersitzen. Mich hat das an „Heat“ von Michael Mann (1996) erinnert, wo sich zwei Männer gegenüberstehen: der Meisterdieb Neil McCauley (Robert De Niro), ein eiskalter, berechnender Profigangster, der mit seiner Crew dem großen Geld nachjagt, und der fanatische Cop Vincent Hanna (Al Pacino), der sie verfolgt.

Es war atemberaubend zu sehen, wie präzise und gelassen Kingsley und Hopkins am Set arbeiten: Es ist tatsächlich wie eine Operation am offenen Herzen, die nur Könnern gelingt.

NITRO: Wie sind Sie denn zu Ihrer Rolle gekommen?

Aleksandar Jovanovic: Emrah Ertem von Finalcast war für die Besetzung verantwortlich, und der rief mich eines Tages an und fragte mich, ob ich mir vorstellen könne, bei diesem Film mitzumachen. Und ich sagte: „Nein, warum rufst du mich wegen so was an? Ich lege jetzt auf, und ruf mich bitte nie wieder an.“

NITRO: Sie wissen also ganz offensichtlich, wie es läuft in diesem Geschäft!

Aleksandar Jovanovic: Absolut. Aber nein, im Ernst: Emrah Ertem sagte: „Ich schlage dich vor für die Rolle und wenn Joel Silver und seine Leute dich gut finden, bist du dabei.

Die Bartlänge und Steven Spielberg

NITRO:Sie haben den Jackpot geknackt! Glückwunsch. Als Sie damals gecastet wurden, trugen Sie noch einen Rauschebart und sahen damit aus wie ein russischer Existenzialist.

Aleksandar Jovanovic: Ja, irgendwie schon.

NITRO: Haben Sie sich den für eine Hauptrolle in einem Stück von Tschechow wachsen lassen, oder fanden Sie Bärte damals einfach nur supergeil?

Aleksandar Jovanovic: Ich hatte im Winter 2014 einfach keine Lust, mich zu rasieren, und plötzlich war die Berlinale und alle sagten: „Wow, den musst du so stehen lassen.“ Eine Zeit lang passte er auch zu mir – bis ich für Mister Spielberg und seinen Agententhriller an der Glienicker Brücke gecastet wurde. In der ersten und in der zweiten Runde blieb der Bart dran, in der dritten Runde musste er ab. Und dann hieß es: „Du bist ohne Bart zu jung für die Rolle.“ Und tschüss!

NITRO: Ist ja schade.

Aleksandar Jovanovic: Ja. War schade. Aber ich hatte ja noch „Collide“ mit Hopkins und Kingsley in der Ziehung. Ich hörte ewig nichts von Emrah Ertem, bis er mich eines Tages anrief und sagte: „Du musst jetzt mal raus auf die Straße, dort rennen und dich dabei filmen. Wir brauchen das jetzt, sofort.“ Also ging ich auf die Straße, drückte einem Passanten mein Handy in die Hand und fragte ihn: „Kannst du mich mal beim Rennen filmen?“

NITRO: Und?

Aleksandar Jovanovic: Hat er gemacht.

NITRO: Was passierte dann?

Aleksandar Jovanovic: Ich bekam die Rolle, weil ich anscheinend ganz gut rennen kann.

NITRO: Was haben Sie in diesem Moment gedacht?

Aleksandar Jovanovic: Ich habe gar nichts gedacht, ich habe mich nur zurückgelehnt und mich total leicht und beseelt gefühlt. Ich habe mich dann auch selbst gewundert, dass ich gar nicht so nervös war, mit denen zu arbeiten.

NITRO: Ist Ihr Englisch so gut, oder findet man Ihren deutschen Akzent charmant?

Aleksandar Jovanovic: Ich glaube, ich habe keinen deutschen Akzent – ich habe einen Akzent, der nicht zu lokalisieren ist. Was mir natürlich viele Türen öffnet. Es ist auf jeden Fall ein europäischer Akzent.

NITRO: Kommen wir zurück auf den Film „Collide“. Worin besteht der Unterschied zwischen einer Arbeit an einem internationalen Set und der Arbeit für das deutsche Kino oder Fernsehen? Gibt es da Unterschiede in der Zusammenarbeit mit Kollegen?

Aleksandar Jovanovic: Ich würde es nicht auf den kontinentalen Unterschied reduzieren, sondern eher auf den menschlichen. Es gibt dort sicher Menschen, mit denen man sehr gern beziehungsweise ungern arbeitet, und hier ebenso. Die hatten auf jeden Fall ein bisschen mehr Geld.

NITRO: Das ist ja oft entscheidend.

Aleksandar Jovanovic: Nicht wirklich.. Das Problem ist aber immer das gleiche: Es ist nie genug Zeit und nie genug Geld da. Ich habe noch nie einen Film erlebt, noch nie, egal in welcher Budgetierung und mit welchem Zeitaufwand, wo gesagt wurde: Wir haben genug Zeit und wir haben genug Geld.

NITRO: Wie lange dauerte es, bis Ihre Rolle im Kasten war?

Aleksandar Jovanovic: Wir haben insgesamt drei Monate gedreht, und es gab einen Nachdreh.

NITRO: Haben Sie den Film schon gesehen?

Aleksandar Jovanovic: Bei der Teampremiere in London.

Synchron mit eigener Stimme

NITRO: Sie haben sich selber synchronisiert?

Aleksandar Jovanovic: Natürlich.

NITRO: Stimmt es, dass Sie inzwischen auch Drehbücher schreiben und Regie führen?

Aleksandar Jovanovic: Ja, ich habe das ein paar Mal gemacht.

NITRO: Ist das etwas, wo Sie Ihre Zukunft neben der Schauspielerei sehen?

Aleksandar Jovanovic: Ich habe das eine oder andere Drehbuch geschrieben und auch Regie geführt. Ich bin aber Schauspieler und möchte die Dinge klar auseinanderhalten. Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

NITRO: Gibt es etwas, was Sie gerne spielen würden, einen bestimmten Charakter?

Aleksandar Jovanovic: Natürlich, vieles. Ich habe gerade das Drehbuch für einen Film geschrieben, in dem ich einen Mann in der Midlife-Crisis spielen werde. Er hilft seiner pubertierenden Patentochter, ihren Ex-Freund zurückzugewinnen. Das ist eine ganz entzückende Geschichte auf Skateboards. Darauf freue ich mich sehr, weil ich da tatsächlich eine andere Seite zeigen kann. Ich bereite außerdem etwas in Richtung Alexander von Humboldt vor… Dieses Feingeistige wird mir sehr großen Spaß machen.

NITRO: Noch mal zum Film „Collide“, der ja auf deutschen Autobahnen spielt. Wie finden Sie die Autobahnen in Deutschland, von denen die Amerikaner so fasziniert sind, weil man so schnell fahren darf?

Aleksandar Jovanovic: Ich finde sie sicher. Ich bevorzuge beim Autofahren aber eine Geschwindigkeit, bei der ich keine Anspannung spüre. Das heißt, eher so im 120er-Bereich.

NITRO: Also gemütlich.

Aleksandar Jovanovic: Ja. Es darf auch mal Tempo 140 sein, aber mit meinem eigenen Auto nicht darüber. Ich fahre aber gerne auch mal ein schnelles Auto.

NITRO: Sind Sie schon mal Ferrari gefahren?

Aleksandar Jovanovic: Nein, aber in „Collide“ einen Aston Martin. Und ich muss sagen …

NITRO: … toll?

Aleksandar Jovanovic: Absolut. Das Auto ist vor allem elegant. Als ich den Aston Martin zum ersten Mal gefahren habe, dachte ich, da musst du schon mal draufdrücken, damit die Karre losgeht. Und dann machte der Wagen einen Sprung und ich dachte: Ach, du Scheiße, was war das denn! Gott sei Dank habe ich relativ schnell reagiert …

NITRO: Hat die Umgebung gegrinst?

Aleksandar Jovanovic: Natürlich. Es war voll unsexy! Ich hätte es sehr gerne ein bisschen souveräner und maskuliner gemacht. Wie die Szene im Film tatsächlich rüberkommt, kann sich ja jeder ab Juli im Kino ansehen.

Das Interview führte Bettina Schellong-Lammel

 

Vita Aleksandar Jovanovic:

Seine Ausbildung absolvierte Aleksander Jovanovic an der Stage School Hamburg mit Schwerpunkt Schauspiel und Tanz. Weiterqualifizierung in New York, Toronto und Berlin. Bekannt wurde er einem breiten Publikum im Jahr 1998 durch das Filmdrama „Kurz und schmerzlos“ von Fatih Akın. Seitdem ist er regelmäßig in deutschen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, zum Beispiel in einer der Hauptrollen in der Neuverfilmung von „Die Schatzinsel“ (2007), und betätigte sich zudem als Kurzfilmregisseur.

Filminfos: „Collide“

Darsteller: Nicholas Hoult, Felicity Jones, Sir Anthony Hopkins, Sir Ben Kingsley, Aleksander Jovanovic

Regie: Eran Creevy

Produktion: Joel Silver

Kinostart: 28. Juli 2016

 

 

* Das Drehbuch zu „True Romance“ war ursprünglich Teil eines 500 Seiten langen Drehbuchs von Quentin Tarantino und Roger Avary mit dem Namen „The Open Road“. Da das Drehbuch zu lang für einen Film war, wurde es in zwei unterschiedliche Filme aufgeteilt. Die andere Hälfte wurde für „Natural Born Killers“ benutzt. In beiden Filmen spielt Tom Sizemore einen Polizisten. Quentin Tarantino kaufte sich von seinem Honorar, das er für sein Drehbuch bekam, einen roten Chevy Chevelle Cabriolet, den Vincent Vega (John Travolta) in Pulp Fiction fährt.

 

 

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