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Ungarn: Tageszeitung Népszabadság eingestellt
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Ungarn: Tageszeitung Népszabadság eingestellt 


Vor dem Mauerfall war die Népszabadság das Zentralorgan der Kommunistischen Partei. Sie wandelte sich zur größten regierungskritischen Tageszeitung des Landes, die vor allem den rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán kritisiert. Dennoch meldete die ungarische Nachrichtenagentur MTI mit Bezug auf die Eigentümerin Mediaworks AG, dass die Zeitung in jüngster Vergangenheit 74 Prozent ihrer Leserschaft eingebüßt hat. Die monetären Verluste wurden mit mehr als 16 Millionen Euro angegeben.

Angriff auf die Pressefreiheit oder Népszabadság als Phänomen des Zeitungssterbens?

Die Redakteure von Népszabadság wurden von der Schließung am Wochenende überrascht. Die Website von Népszabadság zeigt ein langes schwer verständliches Statement der Mediaworks AG, der heutigen Eigentümerin aus Österreich. Lediglich auf Facebook ist die Zeitung noch präsent. Die New York Times titelt mit einem Zitat eines nicht namentlich genannten Europäischen Medienanwalts, der den Vorgang als  Angriff auf die Pressefreiheit klassifiziert. Die NYT bezieht sich dabei auf AP.

Népszabadság ohne Zukunft?

Das gereizte politische Klima in Ungarn ist ein Indiz dafür, dass ein Scheitern nicht nur wirtschaftliche Gründe haben könnte. Ob hinter der Entscheidung der Mediaworks AG aus Österreich, die Absicht stünde, den Rechtspopulisten Viktor Orbán zu stärken, bleibt momentan Spekulation. Es kann ebenso ein Einknicken vor dem politisch-medialen Druck sein, denn die Mediaworks AG hat Abonnenten zum Ausgleich den Bezug einer Sport- oder Frauenzeitschrift angeboten. Rückzug ins Unpolitische?

Möglicherweise hat die Mediaworks AG den Zeitpunkt geschickt gewählt, weil sie sich außerstande sieht, die erdrutschartigen Verluste zu stoppen. Bisher gibt es keine Information darüber, ob die Zeitung mit den 26 Prozent verbliebenen Lesern überhaupt überlebensfähig gewesen wäre. Wird sie als Opfer der politischen Verhältnisse gesehen, entgeht sie jeglicher Kritik in Sachen wirtschaftlicher Unfähigkeit. Redakteure und Leser beteiligten sich bereits am Wochenende an Protesten gegen die Schließung (Foto). Die Zukunft wird zeigen, ob Népszabadság ganz verschwinden oder in wessen Hände das Blatt fallen wird. Der Standard aus Wien hat schon einmal in die mediale Glaskugel geschaut.

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